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Mann steigt aufs Gerichtsdach

Rund sechs Stunden harrte ein 49-jähriger Mann gestern auf dem Dach des Celler Amtsgerichts aus. Dem zweifachen Vater, der längere Zeit in Wietze wohnte, wurde das Sorgerecht für seine Kinder entzogen. Der Mann sprach durch ein Megafon und machte Richter, das Jugendamt und die Polizei für seine Situation verantwortlich. Er forderte ein Interview mit einem Fernsehteam, das ihm schließlich gewährt wurde.

CELLE. „Papa kämpft um seine Kinder Anna und Ben“ stand in schwarzen Lettern auf dem Banner, der gestern am Giebel des Celler Amtsgerichtes prangte. Um zehn Uhr stieg Gerhard Dittrich auf das Dach des Gerichtes. Er kletterte auf dem Dachfirst bis zum Giebel des Amtsgerichts und befestigte dort seinen Banner.

Dem 49-Jährigen wurde das Sorgerecht für seinen vier Jahre alten Sohn und seine fünfjährige Tochter vom Celler Amtsgericht entzogen. Seine Kinder leben bei ihrer Mutter in Wietze. Mit der Aktion wollte der Mann auf seine Situation aufmerksam machen. „Er fühlte sich im Sorgerechtsverfahren ungerecht behandelt“, sagte Gerd Schomburg, Chef der Polizeiinspektion Celle.

Rund sechs Stunden waren insgesamt 30 Einsatzkräfte der Feuerwehr, der Polizei und des Roten Kreuzes vor Ort. Erst als ihm ein Gespräch mit einem Fernsehteam zugesichert wurde, stieg Dittrich vom Dach.

Die Aktion war geplant. Dittrich stieg über eine Luke auf den Dachfirst, ein bislang Unbekannter reichte ihm seinen Rucksack nach. Im Gepäck hatte er Verpflegung, Jacken und ein Megafon. Dittrich forderte ein Interview mit einem Fernsehsender, um sich zu erklären. Der 49-Jährige pöbelte durch das Megafon gegen Richter, Polizisten und das Jugendamt. Die Mutter der Kinder sei mit einem Zuhälter zusammen und seine Kinder litten unter Angstzuständen, schrie der Mann. Für ihn sei klar „es gibt keine Gleichberechtigung“.

Speziell geschulte Polizisten nahmen durch ein Dachfenster mit Dittrich Kontakt auf, versuchten ihn dazu zu bewegen, herunter zu steigen. Doch der Mann blieb stur. Einsatzkräfte der Celler Feuerwehr stellten Sprungpolster vor dem Amtsgericht auf und fuhren einen Wagen mit einer Drehleiter in die Einfahrt des Amtsgerichts.

Allerdings reagierte der Mann darauf aggressiv: „Machen sie mich nicht nervös. Ich will für meine Kinder da sein. Schaffen sie das Ding da weg“, schrie er den Feuerwehrmännern zu. Das Sprungpolster wurde daraufhin abgebaut, das Fahrzeug weggefahren.

Dittrichs Stiefvater und sein Bruder waren ebenfalls vor Ort. „Es ist eine Sauerei, dass er die Kinder nur so kurz sehen darf. Ich kann verstehen, warum er das macht“, sagt Georg Egle, Dittrichs Stiefvater. „Mein Bruder ist ein guter Vater. Er liebt seine Kinder über alles und hat sie groß gezogen. Er weiß einfach keinen anderen Rat mehr“, fügt sein Bruder Martin Dittrich hinzu.

Nach einem Monate andauernden Sorgerechtsstreit wurde Dittrich das Sorgerecht für seine Kinder vom Amtsgericht Celle entzogen und auf die Mutter der Kinder übertragen. Das Amtsgericht räumte dem Vater ein Umgangsrecht ein. Dittrich, zur Zeit Hartz-IV-Empfänger und nach eigenen Aussagen Künstler, legte Beschwerde gegen das Umgangsrecht ein. Der Fall wurde dann vom Celler Oberlandesgericht (OLG) weiter verhandelt. Hinzu kam der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs, der gegen Dittrich erhoben wurde. Dittrich hielt sich außerdem laut Günter Busche, Direktor des Amtsgerichts, nicht an die Vorgaben, die ihm umgangsrechtlich eingeräumt wurden. „Herr Dittrich hat die Besuchsregelungen teilweise nicht eingehalten und die Kinder zu spät zurück gegeben“, so Busche. Das OLG beschränkte das Umgangsrecht schließlich. Dittrich darf nun seine Kinder alle 14 Tage für zweieinhalb Stunden unter Aufsicht eines Jugendamtsmitarbeiters sehen und protestierte auf dem Dach gegen diese Entscheidung. Erst als ein SAT.1-Fernsehteam und ein privates Kamerateam vor Ort waren, stieg der Mann vom Dach. Er schilderte den Redakteuren eine Viertelstunde lang seine Situation. Der 49-Jährige ist bereits wieder auf freiem Fuß. Eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs läuft gegen Dittrich. In einem neuen Verfahren wird nun laut Busche geprüft, ob der Vorwurf der Zuhälterei gegen den neuen Partner von Dittrichs Noch-Ehefrau bestätigt werden kann.

Quelle: cellesche-zeitung.de - 15.09.2008 - Von Sabine Müller
http://www.cellesche-zeitung.de/lokales/celle/348025.html (Nicht mehr abrufbar)

Kommentar Väternotruf:
Würde diese Bespiel eines engagierten Vaters Schule machen, würde kein Familienrichter mehr Sorgerechtsentzüge nach §1671 BGB vornehmen, denn welcher Richter will schon als Elternentsorger hinterher in der Zeitung stehen.

Am 14. Mai 2009 ist er dann auf das Rathaus in Hannover geklettert.